Nur sagen „ich will nicht“, reicht nicht

Im TAU Magazin 06 2022 ist ein Artikel über die Soziokratie in der KreaMont erschienen. Das Magazin kann bei TAU bestellt werden.  Hier gibt es einen Auszug des Textes und am Ende noch eine PDF Version des Artikels.

Kinder in der Soziokratie

„Soziokratie heißt gerecht und fair entscheiden“ sagen Matilda und Jan nach ihren bisherigen soziokratischen Erfahrungen. Soziokratisch entschieden haben die Schüler*innen der KreaMont z. B. Regeln fürs Fußballspielen im Schulgarten, für die ordnungsgemäße Kaugummi-Entsorgung oder die Anschaffung von Hühnern.

Abenteuer beginnen im Kopf – so auch das Abenteuer „Kids go Sociocracy“. „Wenn meine Tochter diese Methode lernen könnte, dann würd sie noch einmal viel mehr mitkriegen als „nur“ ihre Schulbildung“, dachte Sylvia Stifter, als sie als Neo-KreaMont-Mutter selbst mit der Soziokratie in Berührung kam. Zu Beginn des Jahres 2020 war die Zeit dann reif für den Start eines Kreises*, der sich mit der Frage, ob und wenn ja wie die Kinder Soziokratie anwenden können, beschäftigte. Im Herbst startete dann die Implementierung – die Kinder übten sich zuallererst im Wählen: Sie bestimmten den Namen der eigenen Stammgruppe mittels Systemischen Konsensierens, was teilweise zu unerwarteten Ergebnissen führte: „Manchmal kommt etwas dabei raus, was fast niemand möchte. Beim Stammgruppen-Namen war es so, und wie das geht, weiß ich selbst nicht genau.“ (Milli, Stammgruppe Ozelot).

Außerdem wählten die Schüler*innen in offener Wahl** die Delegierten ihrer Stammgruppen, die gemeinsam den „Schüler*innen-MinisteriumsKreis SMK“ – so die selbstbewusste Namenswahl der Kinder für ihren Kreis! – bilden. Eine Rolle, die verlangt, zuhören zu können, sich um eine Lösung zu kümmern und Verantwortung zu übernehmen. Die Kinder haben ein gutes Sensorium dafür bewiesen, wer in ihrer Gruppe für diese Rolle geeignet ist, und Kinder gewählt, die auch sonst eher leise und zurückhaltend sind. Für diese Kinder war ihre Wahl mit besonderem Empowerment verbunden.

Der Schüler*innen-Kreis tagte im April 2021 das erste Mal und trifft sich seitdem alle 3 bis 4 Wochen, angeleitet und begleitet von Sylvia Stifter, Mutter und zertifizierter Soziokratie-Expertin (i. A.). Probleme und Anliegen, die die Stammgruppen nicht selbst lösen können, bringen die Delegierten in den SMK mit. Eine Stammgruppe brachte z. B. das Anliegen in den Kreis ein, dass es einige Kinder stört, dass Kaugummis im Schulhaus nicht ordnungsgemäß entsorgt werden. Dafür wandte sich ihr Delegierter an die Leitung des Schüler*innen-Kreises.

Im Fall des Kaugummi-Problems hat der SMK dann einen anlassbezogenen Kreis beschlossen: Die an einer Kaugummi-Lösung interessierten Kinder haben sich zu einem eigenen Kreis zusammengefunden, dort Lösungen erarbeitet, beschlossen und sie anschließend an alle Kinder kommuniziert: z. B. werden zusätzliche Mistkübel aufgestellt inkl. Taschentücher-Boxen daneben, in die die Kaugummis eingewickelt werden sollen, bevor sie in die Mistkübel kommen. Wer einen Kaugummi „herumkleben“ sieht, entsorgt ihn. Wer jemanden dabei beobachtet, dass er*sie Kaugummis nicht ordentlich entsorgt, weist ihn*sie drauf hin. Die Kinder leiten, moderieren und finden die Lösungen für ihre Probleme selbst. Sowohl bei der Vorbereitung der Agenda als auch in den Kreistreffen selbst werden die Kinder zurzeit noch von Sylvia Stifter begleitet und unterstützt.

Begleitet von einem*r Pädagog*in werden in ebensolchen Hilfskreisen z. B. auch Regeln fürs Fußballspielen im Schulgarten und die Anschaffung von Hühnern verhandelt. Kreise gemeinsam mit Eltern braucht es aber auch, wenn die Kinder Dinge nicht alleine entscheiden können, wie z. B. „Wir wollen in der Früh früher ins Schulgebäude hinein“ und „Wir wollen während der Freiarbeit Musik hören können“.

Nach zwei Jahren Nachdenken, Ausprobieren und Lernen über das soziokratische Tun der Kids drücken die befragten Schüler*innen, Eltern und Pädagog*innen Begeisterung, Berührtheit und Dankbarkeit aus. Es zeigen sich aber auch kritische und verbesserungswürdige Punkte – wir sind erst ein Stück des Weges gegangen!

tau